Der Fundplatz von Alle, Noir Bois, liegt in der Ajoie (Kanton Jura, Schweiz) ; er wurde bei archäologischen Sondierungen auf dem Autobahntrassee A16 Transjurane zwischen 1986 und 1990 entdeckt. Die umfassende Ausgrabung der Fundstelle von 2,5 Hektaren erfolgte ohne Unterbruch von 1991 bis 1993, unter der Schirmherrschaft des Archäologischen Dienstes des jurassischen Kulturamtes.

Die ersten Überreste aus der Frühlatènezeit wurden vor allem in der Sondierungskampagne 1990 freigelegt. Sie fanden sich in einer archäologischen Schicht die auf dem grössten Teil der Fundstelle vorliegt. Zusätzlich zu dieser Phase und einem schwachen Spätlatènehorizont sind andere Besiedlungsphasen zwischen dem Paläolithikum und dem Frühmittelalter gefunden und bereits publiziert worden in der Reihe der Cahiers d'archéologie jurassienne (CAJ 7, 8 und 10).

Die frühlatènezeitlichen Behausungen dehnen sich auf mehr als 450 Meter entlang des Nordfuss des Noir Bois Hügels aus. Sie befinden sich auf einer mittleren Höhe von 450 Meter über Meer, am Rande der Schwemmebene des Baches Allaine.

Der Ablagerungszusammenhang und die Verdichtung der archäologischen Schichten erforderten eine Feinanalyse der Überreste in einem komplizierten Kontext. Diese Vorgehensweise, auf mehr als drei Viertel der ausgegrabenen Fläche der Frühlatènezeit angewandt, hat zu einer fachübergreifenden Untersuchung geführt.

Verschiedene Datierungselemente ermöglichen es die Besiedlung der Frühlatènezeit zuzuordnen ; dies insbesondere dank chronotypologischen Gegenständen : feine, Riefenkeramik, Schale mit Riefen unter dem Rand, Marzabotto- und Certosafibeln, drei andere Latène B1 Fibeln, ein gestempelter Ring, sowie blaue Glasperle.

In dieser Siedlung wurden 38 Gebäude aus Holz und Erde nachgewiesen. Die Vereinigung von Befunden und archäologischen Gegenständen ermöglicht es sechs architektonische Einheiten zu definieren. Letztere bestehen aus vermutlich sich ergänzenden Bauten die gleichzeitig bestanden haben können. Diese Gebäude unterteilen sich in drei Kategorien : Häuser, Speicher und andere Bauten.

Die vollständigen Pläne von dreizehn Gebäuden erlaubten es die Grundrisse der anderen Bauten wieder herzustellen. Diese rechteckigen oder quadratischen Gebäude sind einschiffig und ungefähr Nord-Süd ausgerichtet. Es wurde offenbar ein genormtes System, das den technischen Bauzwängen entsprach, angewandt. Dank mehrerer, nachgewiesener Bauphasen konnte für gewisse Gebäude eine Relativchronologie erstellt werden. Gruben zur Lagerung, sowie Brennstrukturen wurden in neun Gebäuden erfasst. In einem fanden sich neun Feuerstellen die besonders mit Schmiedetätigkeiten in Verbindung gebracht werden. In Gebäudenähe sind Gruben für den Lehm und zur Lagerung gegraben worden. In zwei Fällen wurde ein flacher Graben parallel zu Gebäuden, vielleicht zur Entwässerung ausgehoben. Drei gebäudefreie Zonen sind festgelegt worden : die erste umfasst acht Gruben, die zweite eine offene Feuerstelle und die letzte zwei Brennstrukturen, wovon den einzigen Ofen dieser Siedlung.

Als Steingeräte wurden Mühlsteine aus Sandstein und Schleifsteine gefunden. Das Sammeln von Fossilien ist belegt durch zwei Bruchstücke von Seelilienstielen die Spuren zur Umwandlung in Perlen aufweisen. Ein Häkelnadel aus Eisen, eine Nadel mit Öhr, Spinnwirtel und Webgewichte aus gebranntem Ton, sowie eine schmale Grube die Überreste von verbrannten Holzstangen (vermutliche Spuren eines senkrechten Webstuhles) lassen die Textilarbeit (Spinnen, Weben und Sticken) nachweisen.

Unter den Metallgeräten zeugen Meissel und Äxte von der Holzarbeit, zwei Scharnierbänder von Holztruhen und eine Kesselklammer von Küchenutensilien. Die Schmiedearbeit wird angezeigt durch Überreste von Hämmern, von Zangenklemmbacken, von einem Feuerspiess und von Halbfabrikaten, Metallstückchen und Hammerschlag. Spärliche Abfälle und Stücke in Bearbeitung, sowie eine Gussform aus Sandstein bestätigen das Vorhandensein einer Bronzemetallurgie.

Das Keramikinventar setzt sich aus ungefähr 25'000 Scherben zusammen ; darunter finden sich 1'880 Einzelgefässe und 108 vollständige Gefässprofile. Die Grobkeramik ist sehr schwach vertreten. Die auch nicht zahlreiche, scheibengedrehte Feinkeramik weist am Hals und auf der Schulter Riefen auf. Der grosse Rest ist in der Wulsttechnik hergestellt. Sechs allgemeine Formen lassen sich identifizieren : Schale mit Rand/Hals, Näpfe mit Rand/Hals/Knickwand, Schüsseln mit Rand/Hals/Knickwand, Becher mit Hals, Topf und Flasche. Dazu kommt noch ein Sortiment von Kleingefässen. Die Tonanalyse ergab verschiedene Typen von welchen einer auf 90% des Inventars extrapoliert wird. Der Rohstoff findet sich in einem Umkreis von 1 bis 10 km um den Fundplatz. Einige exogene Keramikstücke sind denen ähnlich die in der Gegend des Kaiserstuhls (D) hergestellt wurden. Im Allgemeinen wurde die Keramik um 600°C in einer reduzierenden oder wechselnden Atmosphäre gebrannt. Mehrere Keramikkeile sind bei über 800°C gebrannt worden, es konnte jedoch kein Vergleich dazu gefunden werden.

Schmuck aus Bronze, Eisen und Glas ist gut vertreten : Fibeln, Ringe und Perlen.

Die Untersuchung der verkohlten Pflanzenreste, Samen und Holzkohle spiegelt eine eher offene Landschaft mit Wiesen, Weideland und Feldern in unmittelbarer Umgebung des Fundplatzes wieder. Getreide, Hülsenfrüchte und ölhaltige Pflanzen sind angebaut worden. Die Entre ist nachgewiesen und die Verwendung von Gewürz-, Heil- und Farbpflanzen ist glaubhaft. Die Ebene war belegt durch Strauchgruppen und Haine am Bachlauf ; ein Buchenmischwald bedeckt wahrscheinlich die Anhöhen. Schafe, Ziegen, Schweine, Ochsen und Pferde sind belegt unter den Knochenresten.

Die geografische Lage von Alle, Noir Bois weist auf eine Öffnung zum Rheinbecken, Elsass und der Franche-Comté hin. Die Verbindung gegen Osten erfolgt über die Pässe, sowie durch die Täler des Jurabogens. Exogenen Gegenständen zeugen von Kontakten mit dem Kaiserstuhl, den Vogesen und dem Schweizer Mittelland. Die Fundstelle ist in einem extensiven Besiedlungszusammenhang der Frühlatènezeit zu sehen, auf einer Verbindungsachse zwischen Mandeure und der Basler Region.

Übersetzung : Ludwig Eschenlohr