Der 35. Band der Cahiers d'archéologie jurassienne ist der Wiederentdeckung der Glashütte Roche in Rebeuvelier (Kanton Jura, Schweiz) gewidmet. Die archäologischen Untersuchungen fanden zwischen Mai 2004 und Februar 2005, im Vorfeld des Baus der Autobahn Transjurane A16 statt.

Die Publikation gliedert sich in drei Hauptkapitel : die historischen Quellen, die Darstellung der Befunde und die Vorlage des Fundmaterials. Einführend werden kurz besondere Aspekte und Schwierigkeiten bei der Auswertung der Grabungsergebnisse einer industriellen Produktionsstätte besprochen (Kapitel 1). Danach werden im zweiten Kapitel die benutzten Archivalien, Katasterplan und Bildquellen vorgestellt. Sie ermöglichen den direkten Vergleich mit der archäologischen Hinterlassenschaft, den Strukturen (Kapitel 3) und Fundgegenständen (Kapitel 4). Archäometrische und anthrakologische Untersuchungen liefern ergänzende Erkenntnisse zur Funktionsweise der Glashütte (Kapitel 5) und abschliessend erfolgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse (Kapitel 6).

Die vergleichende Untersuchung historischer und archäologischer Quellen erlaubt interessante Aufschlüsse über die Aussagekraft der beiden Quellengattungen, inwiefern und in welchem Umfang sie Lücken aufweisen, sich ergänzen oder widersprechen. Die Glashütte von Rebeuvelier wurde 1797 ex nihilo gegründet und war bis zur definitiven Aufgabe des Schmelzofens 1867 in Betrieb. Auf der Transitachse Biel-Basel gelegen, wählten die Glasmacher den Platz vor allem aufgrund der Nähe zu den Rohstoffvorkommen (insbesondere Holz, aber auch Sand und Ton) und dem Vorhandensein eines Bachlaufes, der eine Nutzung der Wasserkraft erlaubte. Die Einrichtungen waren von Anfang an als dauerhaft geplant. Die Untersuchungen lassen eine Entwicklung der Anlagen entsprechend der Abfolge der einzelnen Arbeitsschritte erkennen. Dadurch konnten Anhaltspunkte für die ursprüngliche Anordnung der verschiedenen, in der Produktionshalle vereinten Öfen gewonnen werden. Das archäologische Fundmaterial ergänzt die aus den Befunden gewonnenen Erkenntnisse zum Arbeitsablauf und liefert uns eine Übersicht über das zur Glaserzeugung benötigte Werkzeug. Das Erlöschen des Schmelzofens und der Wegzug der Glasmacher bedeutete gleichzeitig das Ende der handwerklichen Produktion.

Bei den archäologisch erforschten Strukturen handelt es sich um die Produktionshalle und eine Wassermühle, beide waren in mittelmässigem Zustand erhalten. Die Entwicklung der einzelnen Anlagen wird chronologisch, den Produktionsphasen der Glashütte entsprechend, dargestellt. Herzstück der Halle ist der Schmelzofen. Die Nebenöfen sind um ihn herum und nach ihrer Funktion angeordnet : im nördlichen Teil befinden sich die der Vorbereitung der Rohstoffe dienenden Einrichtungen, das schrittweise Abkühlen der heissen Glasobjekte erfolgte auf der Süd- und Ostseite. Die Analyse der erhaltenen Ofenfragmente und der in einigen Strukturen enthaltenen Verfüllungen sowie Beobachtungen zur Verteilung der Glasfunde erlaubten die nähere Bestimmung der Nebenöfen : Ofen zum Trocknen von Brennholz, Frittofen, Temperofen, Kühlofen und einen Streckofen für die letzte Produktionsphase der Hütte. Auf der Nordseite des Schmelzofens angelegte Tongruben lassen sich den ersten Phasen der Produktionstätigkeit zuordnen und zeugen von einer zunächst lokalen Herstellung der zur Glaserzeugung verwendeten Gefässkeramik. Die bauliche Entwicklung der Ofentypen bezeugt die sukzessive Übernahme von ursprünglich in Frankreich, Grossbritannien oder Deutschland entwickelten technologischen Neuerungen. Der aufgrund der Grabungsergebnisse rekonstruierbare Antriebsmechanismus des vertikalen Mühlsteines zeugt vom Gebrauch der Mühle bei der Vorbereitung der Rohstoffe (Zerkleinern der Schamotte, Waschen des Sandes, usw.).

Das archäologische Fundmaterial vermittelt einen Überblick über sämtliche Arbeitsschritte der Glasproduktion, die verarbeiteten Rohstoffe und anfallenden Abfallprodukte, über die angewandten Herstellungstechniken sowie die Vielfalt der Glaserzeugnisse. Neben der Vorlage der Glasfunde wurde eine möglichst erschöpfende Darstellung der von den Glasmachern verwendeten Gerätschaften aus Stein, Metall und Keramik angestrebt. Aus der Siedlung in unmittelbarer Nähe zur Glashütte stammen zahlreiche Alltagsgegenstände : Knöpfe, Schuhe, Spielzeug und Tabakpfeifen sowie für den täglichen Gebrauch bestimmte Gefässkeramik, wobei es sich für den Jura und die 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts um den einzig gut datierten Korpus handelt.

Die Untersuchung der Fundstelle ist in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Sie ist nicht nur ein Beitrag zum Verständnis der regionalen Glasproduktion und ihrer Entwicklung sondern sie schafft auch die chronologische Verbindung zwischen den älteren, entlang des Doubs und im Berner Jura gelegenen Glashütten und der bis heute in Moutier aktiven Glashütte. Die Monographie leistet zudem einen kultur- und technikgeschichtlichen Beitrag zur zentraleuropäischen Glasproduktion des 19. Jahrhunderts und ihrer Bedeutung für die regionale Wirtschaftsgeschichte.

Übersetzung: Monika Kleiner