Durch ein ganz neues sowie außergewöhnliches Beispiel, was den Produktionsumfang und die Vollständigkeit der Quellen betrifft, zielt diese Studie zum ersten Mal auf einen Überblick zur neuzeitlichen Keramik in der Ajoie hin, nicht nur unter dem technologischen Aspekt, sondern auch in ihrem historischen und sozioökonomischen Zusammenhang. Sie zeigt langfristig (1750-1900) auf regionaler Ebene, dass die starken historischen Brüche und die rechtlichen Rahmenbedingungen die wirtschaftliche Realität beeinflussen, durch Konditionierung des Zugangs zu Ressourcen und die Verbreitung von Wissen und Produkte. Alle Segmente der Keramikproduktion werden angesprochen, von den Ziegeln zum Keramikgeschirr über Ofenkacheln, wobei die Fayencemanufaktur von Cornol (1760-1824) das Herz des Subjekts darstellt. Die neuen Erkenntnisse basieren auf jüngsten archäologischen Ausgrabungen, auf dem Durchsehen von mehreren öffentlichen Archiven, sowie auf der Fachliteratur.

Der archäologische Fundort, ausgegraben zwischen 2003 und 2007, wurde nach einem Erdrutsch in bewohntem Umfeld, neben der Fayencemanufaktur in Cornol, entdeckt. Die sehr grosse Dichte an archäologischem Material spiegelt den Charak-ter dieser riesigen Müllkippe für die Produktionsabfälle der Manufaktur diente. Das Mobiliar ist sehr vielfältig. Rohstoffe, Abfälle in verschiedenen Phasen der Produktion und exogene Stücke werden kurz beschrieben. Einzig die Überreste mit Bezug zur Produktion des Unternehmens, werden ausführlicher (Kapitel 4.3.7 und 4.4) vorgestellt. Sie bilden einen großen Korpus von schätzungsweise 50.000 Fragmente welche wie üblich gewaschen, zusammengesetzt und inventarisiert wurden. Die Wahl sie in dieser Studie mit einer privilegierten Weise zu behandeln wird durch das Bedürfnis gerechtfertigt, die Kenntnis zur Herstellung von Fayence zu fundieren.

Die historischen Quellen ihrerseits ermöglichen einen Zugang sowohl zur Kenntnis der Akteure dieser Keramikproduktionen, als auch zu bestimmten technischen oder kommerziellen Aspekten, obwohl Unternehmensarchive völlig fehlen. Die Informationen wurden in sieben öffentlichen Archiven gesammelt ; sie beinhalten allgemeine Erfassungen und Personenstands-, sowie Privaturkunden, notarielle oder nicht (Testamente, Erbschaftsinventare, Mietverträge, Eheverträge, Pässe), Katasterunterlagen oder Körperschaftsarchiven. Lücken in der Reihe von Archiven und der ungewissen Zuverlässigkeit des Inhalts wurden durch vervielfachtes Untersuchen von Archivbeständen sowie Überschneiden der erhaltenen Informationen ausgeglichen.

Die Studie der Produzenten, Produktionen und der kommerziellen Aspekte deckt die verschiedenen Berufe im Bereich Keramik ab und umfasst Töpfer, Hafner, Ziegelbrenner und Fayencefabrikanten. Die Archive haben Informationen geliefert zur Herkunft der Handwerker und ihre Zirkulation (Einheimische, Aus- und Einwanderer, Endogamie) sowie über die Vermittlung von Know-how und Produktionsmitteln (Ausbildung, familiäre Übermittlung, Übertragungen). Das genaue Studium der Unternehmensarchive und Patente erlaubt es, die Wettbewerbs- oder Monopolbedingungen zu kennen. Die Exklusivität welche die Töpfer von Bonfol geniessen rührt allerdings nicht von einer rechtlichen oder administrativen Entscheidung her, sondern von der einzigartigen Qualität der Schamotte die sie nutzten.

Die Quellen bezüglich des Lebensstandards und der Spezialisierung enthüllen eine stete Armut der Mitglieder von Töpfergemeinschaften, sowie einen Mangel an Dynamik, die auf regionaler Ebene praktisch zum Verschwinden dieses Handwerks führen wird.

Die Grundbücher ihrerseits ermöglichten es Werk- und Lagerstätten zu orten. Wegen der Transportkosten ist dies ein wichtiges Thema während der gesamten berücksichtigten Zeit, da die doppelte Abhängigkeit des Rohstoffs und des Brennholzes ins Gewicht fallen.

Ziegel, Kachelöfen und Geschirr stellen die wichtigsten Produkte dar. Die Nachfrage bleibt von den Bauvorschriften (Ziegeldachpflicht) und der Wirtschaftspolitik abhängig. Das Angebot richtet sich Nutzfunktion aus, die unabhängigen Töpfer verfügen über mehrere Handelskanäle : Verkauf in der Werkstatt und in Läden, Grosshändler und Hausierer. Das Verteilungsbecken der Produkte ist überraschend weitläufig. An eine Institution gebundene Töpfer und Ziegler (Ziegler des Schlosses und der Stadt Porrentruy, Töpfer des Hofs) produzieren auf Bestellung. Die Schätzungen legen nahe, dass die hergestellten Volumen sehr bedeutend sind : mehrere Millionen Einzelstücke. Die Qualität ist hingegen immer wieder Gegenstand von Kritik. Bonfol ragt bald als spezialisiertes Töpferdorf unter den sechzehn erfassten Örtlichkeiten in der Ajoie heraus. Um die Bedeutung der Entwicklung dieses wenig hervorgehobenen Handwerks zu erkennen, werden 34 Ziegeleinen beschrieben, als eine erste Monografie auf regionaler Ebene.

Die Archivrecherchen und Ausgrabungen leisten ihren Beitrag zum Bild der Eigentümer, des Personals, den wichtigsten verwendeten Techniken und zur Produktion der Fayencemanufaktur von Cornol. Die Mitarbeiter bilden eine eher disparate und heterogene Gruppe von Menschen, unbeständig aber vereint durch die Brenntechnologie. Letztere, große Konkurrentin der Stahlindustrie durch ihren Holzverbrauch, wird im regionalen Kontext während ihrer gesamten Existenz ausgegrenzt. Die archäologische Artefakte und Bauangaben erlauben es die verwendeten Techniken und die produzierten Mengen zu umreissen. Die Analyse von Lagerstätten ermöglicht, von den vorhandenen Rohstoffmengen, sowie vom Zugang zu den Ressourcen und ihrem Import zu berichten.

Die Fayencemanufaktur von Cornol (1760-1820) erlebte verschiedene Betriebsphasen, von ihrer Gründung durch einen dynamischen Rechtsanwalt bis zum sich anbahnenden Niedergang während der Französischen Revolution und ihrem Verschwinden unter der Berner Herrschaft. Finanzierungsstrategien, Management, Rekrutierung von technischem Personal, Versorgung, Vertrieb und Diversifizierung konnten dank der Durchsicht von drei hauptsächlichen Archivbeständen herausgearbeitet werden. Aufgrund zahlreicher materieller Zeugen von der Ausgrabung und in den Dokumenten gesammelten Hinweisen, können sowohl die in dieser Fabrik im Laufe ihrer Geschichte angewendeten Techniken, der Rohstoffe, Produktionsinfrastrukturen, sowie auch der Arbeitskräfte, welche fast immer exogenen Ursprungs waren und ihr wertvolles Know-how einbrachten. Die Produktion wird im Katalog auch im Vergleich zu zeitgenössischen Produktionen umfassend beschrieben, für Datierungszwecke und um den Einfluss der zeitgleichen künstlerischen Tendenzen in Europa zu erkennen. Von Anfang an ist die Zielkundschaft nicht nur lokal - ein relativ schmales und armes Bevölkerungsbecken - sondern auch außerhalb der Grenzen des ehemaligen Fürstbistums Basel, insbesondere Basel, ja sogar in der Schweiz. Trotz des Vorteils erstklassiger Lehme, der Präsenz von guten Handwerkern und dem Ruf, von dem die Manufaktur profitieren kann, ist sie, wie viele andere ähnliche Einrichtungen, ein Opfer des revolutionären Kontext. Ihre konstante Überlebensstrategie ist auf die Qualität und Diversifizierung im Bereich der Keramik ausgerichtet, mit der Schaffung einer Ziegelei ab 1803, parallel mit der fortgesetzten Herstellung von zinnglasierter Fayence.

Die Hauptgründe für den Niedergang der Manufaktur sind die revolutionären Ereignisse, die lothringische und englische Konkurrenz, die lange Unstimmigkeit zwischen den verschiedenen Miteigentümern, insbesondere Rengguer und Delphis, sowie die Tatsache, dass die Fabrik während ihrer ganzen Betriebszeit durch ein ortsfremdes Personal getragen wurde.

Übersetzung: Ludwig Eschenlohr