Anlässlich der Sondierungsgrabungen im Vorfeld des Baus der A16 wurde auf der Flur Grand'Fin im Westen von Pruntrut mit dem Füllmaterial eines Entwässerungssystems ein umfangreiches neuzeitliches Fundgut geborgen. Dieses vielfältig zusammengesetzte archäologische Fundmaterial enthält 13453 Geschirrscherben, 1818 Fragmente von Ofenelementen (darunter ein Model), Ziegel, Backsteine, Glas, Schlacken, Knochenreste und Metallobjekte.

Die Keramik bildet den Hauptgegenstand der vorliegenden Untersuchung, die Schlacken und spärlichen Metallobjekte werden am Rande vorgestellt. Die Studie verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele: zum einen sollen lokale Produkte von Importen unterschieden werden, wobei in diesem Problemkreis die Überlieferung zum Töpferhandwerk der Ajoie, mit Bonfol als bekanntestem Standort, berücksichtigt wird; zum andern soll die Zeitstellung der vertretenen Produktionen so eng wie möglich eingegrenzt werden.

Die Erforschung der regionalen Keramikproduktion liegt seit G. Amwegs 1941 erschienener Arbeit brach. Zudem datieren die ältesten in Museums- oder Privatsammlungen ganz erhaltenen Stücke höchstens in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Wie lässt sich unter diesen Umständen das archäologische Fundgut mit der Überlieferung verknüpfen? Gibt es stichhaltige Argumente für eine Zuweisung von Irdenware aus der Grabung Grand'Fin zur Produktion von Bonfol? Da die stratigraphische Lage keine Hinweise verspricht (einmalige Verfüllung; Auswahl des Füllmaterials in Hinblick auf den Verwendungszweck, die Entwässerung), führt der Weg zur Beantwortung dieser Fragen über die Erstellung eines umfassenden Katalogs der auftretenden Gefäss- und Kachelformen, der auf einer Einteilung nach Materialgruppen beruht. Damit wird nachgewiesen, dass die glasierte Irdenware zahlenmässig stark überwiegt (68% der totalen Mindestobjektzahl des Geschirrs) und in ihrer Qualität, also was Material und Brand, Dekor und Glasur betrifft, sehr homogen ist.

Die Feuerbeständigkeit, die dem Bonfolton zugeschrieben wird, lässt sich an den Stücken aus Grand'Fin an zahlreichen, vom Feuer herrührenden Gebrauchsspuren ablesen. Einige Stücke mit Produktionsfehlern erhärten die Vermutung einer lokalen oder regionalen Produktion. Die durch Gisela Thierrin-Michael als Fortsetzung dieser Beweisführung unternommene archäometrische Studie bestätigt die Zuweisung nach Bonfol. Ein Durchsehen archivalischer Dokumente aus dem 18. und 19. Jahrhundert belegt jedoch für 13 Ortschaften der Ajoie die Nutzung lokaler Tonlager zum einen oder anderen Zeitpunkt im Verlauf dieser Periode und lässt damit erkennen, dass die auf den ersten Blick recht einfach erscheinenden Produktionsverhältnisse wohl etwas komplexer waren.

Andere im Fundgut vertretene Waren wurden eingeführt: Steingutkrüge aus dem Westerwald, Töpferware aus Heimberg, die sogenannte Fayence "carmelite" aus Sarreguemines, Fayence aus Strassburg, sowie Porzellan zeugen von den mehr oder weniger flüchtigen Handelsbeziehungen welche die Bewohner der Ajoie in der Neuzeit unterhielten.

Die Herkunft der Ofenelemente ist mit Ausnahme eines Imports aus Meillonnas (Ain, Frankreich) und eines Kachelgesimses aus La Neuveville (18. Jahrhundert, signiert Jean-Jacques Bitto) weniger gut bestimmt. Die Hypothese einer lokalen Herstellung der übrigen Kacheln beruht im Wesentlichen darauf, dass Parallelen aus anderen Regionen fehlen (argumentum ex silentio).

Die chronologische Eingrenzung stützt sich hauptsächlich auf den Vergleich mit Objekten aus datierten Fundkomplexen der angrenzenden Regionen und der Schweiz (Belfort, Montbéliard, Elsass, Basel, Bern, Zürich, Freiburg), die über Veröffentlichungen zugänglich sind. Damit wird zwar der Hauptanteil des Fundmaterials ins frühe 18. bis ins frühe 19. Jahrhundert gestellt, aber einige Formen, die sich im Verlauf der Jahrhunderte kaum verändert haben, könnten auch etwas älter oder jünger sein. Kein Stück jedoch, sei es Geschirr oder Ofenkeramik, datiert ins Mittelalter oder in die Zeit nach 1850.

Die vorliegende Untersuchung bereichert die Forschung über die neuzeitliche Keramik in der Schweiz um drei Errungenschaften: zum einen wird unser Wissen zu einem Handwerk erweitert, das, einst Stolz der Region, dennoch merkwürdigerweise unbekannt geblieben war; zum anderen wird der Beitrag erbracht, den die Archäologie für die Geschichte auch der jüngsten Vergangenheit unbestreitbar leistet, indem sie die historischen Quellen ergänzt, richtigstellt und dort ersetzt, wo sie fehlen. Die regionalen Archive enthalten nämlich keine Angaben zu den gewöhnlichen Gebrauchsgegenständen: Nachlässe listen zwar den gesamten Hausrat genau auf, ohne jedoch diese alltäglichen, wohl als belanglos erachteten Gegenstände einzeln aufzuführen oder gar zu beschreiben. Desgleichen wird in Bezug auf die Ausfuhr der örtlich hergestellten Gefässe nach Basel, Zürich, Montbéliard oder Süddeutschland Klarheit geschaffen: dieser Handel ist zwar in der Überlieferung bekannt, liess sich aber bislang nicht anhand von Objekten konkret nachvollziehen. In Zukunft kann nun möglicherweise aus Bonfol stammendes Fundgut, das in anderen Publikationen ohne Herkunftsangabe aufgeführt ist, als solches erkannt werden. Neu ist schliesslich ebenso, wie diese interdisziplinäre Arbeit Ergebnisse aus naturwissenschaftlichen Analysen, Archivstudium und herkömmlicher archäologischer Untersuchung gegeneinander aufwiegt und verknüpft. Werden auch nicht alle Fragen beantwortet, die sich im Verlaufe dieser Arbeit stellten, wie etwa zur genauen Herkunftszuweisung oder zur zeitlichen Entwicklung der Produktion, so ist damit doch die Grundlage für neue Forschungsansätze geschaffen.

Übersetzung: Gisela Thierrin-Michael