In Alle-Les Aiges (Kanton Jura, Schweiz) kamen 1999-2001 bei Vorarbeiten zum Bau der Autobahn A16 Transjurane Überreste einer kleinen Nekropole der älteren Spätbronzezeit zum Vorschein. Die Fundstelle liegt auf einem nördlichen Ausläufer des Tafeljura, in der Ajoie, am östlichsten Punkt eines Hügelzuges (Colline de Noir Bois), der die Ebene südlich von Alle dominiert. Die Ebene wird durch den Bach Allaine und andere kleine Wasserläufe entwässert.

Bei den Ausgrabungen konnten elf Brandbestattungen sowie zwei, ausserhalb des Grabkontextes niedergelegte Depots von Metallschmuck geborgen werden. Sowohl der obere Teil der Grabanlagen als auch der Begehungshorizont der Spätbronzezeit sind durch die spätere, insbesondere latènezeitliche Feldwirtschaft verschwunden. Zusätzlich gestört sind die Strukturen durch den Bau der pars rustica eines gallorömischen Gutshofes. Eine in diesem Zusammenhang erfolgte Geländeaufschüttung sowie später zerstörte und eingestürzte Gebäudeteile haben die Bestattungen aber gleichzeitig unter einer konservierenden Schicht erhalten. Ausserhalb der überbauten Zone müssen weitere Gräber der Bronzezeit existiert haben, die aber aufgrund nachantiker Erosion nicht erhalten sind, so dass die ursprüngliche Ausdehnung des Gräberfeldes nicht bekannt ist.

Die Untersuchung der beigabenführenden Kremationen und Depots erlaubt eine präzise chrono-typologische Einordnung, die in keinem Widerspruch zu den Resultaten der 14C -Analysen steht. Der Bronzeschmuck, vor allem Nadeln und Armringe, aber auch die Gefässkeramik erlauben eine Datierung der Nekropole in die ältere Spätbronzezeit (Bz D-Ha A1); einige Befunde können dem Horizont Bz D1, andere den Phasen Bz D oder Bz D2-Ha A1 zugeschrieben werden, eine Minderheit wurde global der älteren Spätbronzezeit zugewiesen.

Auf dem Bestattungsplatz von Les Aiges existieren gleichzeitig Brandbestattungen in körperlangen Gruben oder in kreisrunden Gruben mit weniger als einem Meter Durchmesser. Für die Lage der untersuchten Beigaben bestehen mehrere Möglichkeiten. Bei den Bestattungen in runden Gruben befindet sich der Leichenbrand in einer grossen Urne, daneben liegen Bronzeschmuck (1) und ein Keramikgefäss. Bei den Bestattungen in länglichen Gruben wurden die kremierten Knochenhaufen (1-2) direkt in der Erde oder in einem vergänglichen Behältnis beigesetzt, zusammen mit einer unterschiedlichen Zahl von Schmuckelementen aus Bronze (0-8), die häufig durch die Hitze des brennenden Scheiterhaufens beschädigt und unvollständig sind. Die Begleitgefässe (0-4) sind seltener geschwärzt und in Kontakt mit dem Leichenbrand. Insgesamt handelt es sich um ein Ensemble aus verzierter Keramik von guter Qualität. Bei anderen klar erkennbaren Beigaben handelt es sich um Kremationsrückstände und Speisereste. Letztere wurden in der Regel eher dem Toten auf dem Scheiterhaufen beigegeben als bei der Bestattung ins Grab gelegt. Hervorzuheben sind die beiden Schmuckdepots ausserhalb des Grabkontextes aus Bronze (1) und Gold (1), ein bisher seltener Befund, der die Komplexität der Bestattungsriten veranschaulicht.

Die Nekropole umfasst acht Einfach- und drei Doppelbestattungen, wobei es sich bei letzteren jeweils um ein erwachsenes und ein immatures Individuum handelt. Mindestens 14 Skelette konnten anthropologisch bestimmt werden, davon sechs Kinder, für die im Vergleich mit den Erwachsenen keine Sonderstellung bei der Belegung der Nekropole festgestellt werden kann. Hingegen erscheinen die Männergräber weniger reich ausgestattet als die vermuteten Frauenbestattungen. Es darf angenommen werden, dass die Entwicklung des Gräberfeldes von einem Zentralgrab mit herausgehobener Grabarchitektur, umgeben von einer konzentrisch angelegten bestattungsfreien Zone, ausgegangen ist, vergleichbar mit der Anlage in Ensisheim-Reguisheimerfeld im Elsass.

Die spätbronzezeitlichen Bestattungsriten in Alle-Les Aiges lassen sich gut in den regionalen Kontext einordnen, wo individuelle Brandgräber gegenüber den Körperbestattungen dominieren. Als lokale Eigenheit lässt sich gleichzeitig eine gewisse Freiheit bei der Wahl der Grabgestaltung ausmachen, die sich aber später, im Horizont Hallstatt B1 tendenziell wieder vereinheitlicht (vgl. Delémont-En La Pran). Die Gefässkeramik von Les Aiges ist vergleichbar mit dem Fundmaterial aus anderen regionalen Siedlungen der Mittelund Spätbronzezeit und findet Parallelen beidseits des Jura; zu Beginn der Spätbronzezeit bestehen gewisse Charakteristika der Mittelbronzezeit zum Teil noch weiter, so dass die Gruppe der leichtgerieften Keramik zugerechnet werden kann. Der Metallschmuck lässt sich der westlichen Gruppe der Rhein- Rhône-Donau-Kultur zuordnen, eine Verbindung besteht vor allem in südlich und westlich des Rheins gelegene Gebiete, bis ins Burgund und den Südosten des Pariser Beckens. Für die Zeit D2-Ha A1 drängen sich Vergleichsbeispiele aus dem Schweizer Mittelland und der Seenregion auf, die der westlichen Gruppe der Binningen-Kultur angehören.

Übersetzung: Monika Kleiner