Die Fundsteile "Les Boulies" bei Boécourt (JU) befindet sich am nordwestlichen Ende des Delsbergerbeckens, am Fusse des Rangierspasses.

Die archäologischen Untersuchungen (Kartierung des Bergbaus, topographische Aufnahme, Sondierungen und Ausgrabung) wurden 1989 im Zusammenhang mit dem Nationalstrassenbauprojekt N16 Transjurane durchgeführt. Im Anschluss an die Arbeiten im Gelände erfolgte die Auswertung der archäologischen Daten (Rekonstruktion, stratigraphische, architektonische und quantitative Analysen), vervollständigt durch verschiedene Laboruntersuchungen (Datierung mittels C14 und Paläomagnetismus, Pollenanalyse und Holzkohlenbestimmung, sowie metallurgische Analysen).

Das untersuchte Gebiet ist sehr eisenerzhaltig. Es handelt sich um Bohnerzformationen (Siderolithikum), welche aus Eisenoxydkonkretionen (Bohnerz) in einem lehmigen Ganggestein (Bolus, Bohnerztone) bestehen. Diese Schichten wurden auf der Karstoberfläche des Kalkgebirges (Malm) abgelagert und durch Vogesenschotter (Pliozän) überdeckt. An den Abhängen der tief eingeschnittenen Schluchten ist das Erz durch die Erosion wieder freigelegt worden.

Der Erzabbau begann im Tagebau (Pingen), dort wo die erzhaltige Schicht ausbeißt; er weitet sich danach aus, indem die erzhaltigen Linsen mittels Gräben und Stollen ausgebeutet werden. Erst im Laufe des 19. Jh. werden tiefe Schächte durch das Deckgestein getrieben, um die unsichtbaren Teile der Lagerstätten zu erreichen. Diese letzte Abbauphase ist dank der zeitgenössischen Rechenschaftsberichte von A. Quiquerez (Konzession "Rayon de Séprais") sehr gut bekannt. Bestimmte Schächte und verschiedene im Gelände erfasste Bergbaubefunde können dieser Abbauphase zugewiesen werden.

Ältere Aktivitäten haben ebenfalls zahlreiche Spuren in der Topographie hinterlassen; der Mangel an chronologischen Indizien verunmöglicht es aber im Allgemeinen eine Datierung vorzuschlagen.

Im Tälchen "Les Boulies" wurden vorindustrielle Einrichtungen der Eisenerzaufbereitung und -verhüttung entdeckt. Der Verhüttungsplatz, im oberen Teil des Tales gelegen, umfasst zwei Rennöfen, mehrere Erzröstherde und Schlackenabfallzonen. Die Befunde datieren aus der Merowingerzeit. Einige Meter daneben befindet sich ein Depot von gewaschenem Erz. Im unteren Teil des Tales wurde ein damals aktiver Bach zur Erzwäsche verwendet. Weitere Befunde (wie Gruben, Rinnen, usw.), deren eindeutige Interpretation schwerfällt, haben ebenfalls einen Bezug zur Erzanreicherung. Während des Frühmittelalters könnte der Erzabbau am Talausgang, wo die Bohnerzformationen ausbissen, erfolgt sein. Jüngere Eingriffe haben jedoch an dieser Stelle allfällige ältere Spuren überlagert und verwischt.

Die beiden Rennöfen zur Eisenerzverhüttung sind im flachen Talhang errichtet worden. Sie wurden nacheinander gebaut und mehrmals repariert: Stratigraphie und Architektur zeigen, dass der Ofen 1 vor dem Ofen 2 bestand und der Ofen 2 nach der Auflassung des Ofens 1 noch benutzt wurde. Während der Hauptphase der Aktivität des Werkplatzes arbeiteten die bei den Öfen jedoch abwechslungsweise oder gleichzeitig.

Die beiden Apparate unterscheiden sich nur in Einzelheiten voneinander. Sie sind den frühmittelalterlichen Rennöfen des Waadtländer Jura (Bellaires) und denen in Lothringen (Ludres) sehr ähnlich.

Die Ofensohle ist in den gewachsenen Boden eingetieft. Die Schachtwände werden von einem Steinmantel und einer Innenverkleidung aus Sand gebildet. Die Verkleidung ist durch römische Ziegelstücke verstärkt. Von der Stirnseite, die eine weite Ofentüre besaß, ist in situ nichts erhalten geblieben. Die ursprüngliche Höhe der Öfen betrug 1,50 m. Vor den Apparaten wurde eine flache Mulde ebenfalls in den gewachsenen Boden eingetieft und seitlich durch Mäuerchen begrenzt. Ein doppeltes Gebläse stellt den nötigen Zug im Ofeninnern sicher. Eine Düse sitzt 50cm über der Sohle, mehr oder weniger waagrecht in der seitlichen Schachtwand. Eine zweite Düse, mit starker Neigung zur Sohle, nimmt stirnseitig eine Hälfte der Türe ein. Die andere Hälfte ist offen, damit die flüssige Schlacke aus dem Ofen abfließen kann. Das metallische Eisen bleibt teigig und wird erst am Ende des Arbeitsvorganges aus dem Ofen herausgeholt.

Die Fliessschlacken des letzten Verhüttungsprozesses im Rennofen 2 sind in situ gefunden worden. Dieser Schlackenfluss setzt sich aus ungefähr 60 Objekten zusammen. Die Beseitigung der Schlacke aus dem Ofeninnern erfolgt nach und nach während des Arbeitsablaufes. Das Aussehen der Schlacken ändert sich je nach der Viskosität der Flüssigkeit und dem Neigungswinkel beim Abfliessen: dieses erfolgte teilweise senkrecht, was für eine Schwelle in der Türe spricht. Die Schlackenrekonstruktionen beweisen, dass ein und dasselbe Objekt sehr verschiedene Oberflächenbeschaffenheiten aufweisen kann.

Im Laufe des letzten Verhüttungsvorganges im Rennofen 2 sind 40kg Schlacken angefallen. Nach Schätzungen beläuft sich die Schlackenproduktion für den gesamten Werkplatz auf 5500kg. Die chemischen Analysen des Erzes, des sandigen Wandverputzes, sowie der Schlacken erlauben es die hergestellte Eisenmenge zu berechnen. Sie beträgt ungefähr 7kg für einen Arbeitsvorgang. Die Gesamtmenge des auf dem Werkplatz hergestellten Eisens beläuft sich auf 1 Tonne.

Mehrere Kalottenschlacken sind als Baumaterial im Rennofen 2 wiederverwendet worden. Diese Schlakken bilden sich bei der Reinigung des Eisenschwammes in einem Ausheizherd. Sie unterscheiden sich morphologisch und chemisch von den Verhüttungsschlacken. Auf dem Werkplatz konnten keine Befunde mit dieser Arbeit in Zusammenhang gebracht werden.

Die Anwesenheit der Kalottenschlacken auf der Fundstelle weist jedoch darauf hin, dass sich in der Umgebung ein Werkplatz für diese Arbeit befand.

Holzkohle von Buche und Tanne wurde als Brennmaterial auf dem Werkplatz verwendet. Diese Baumarten beherrschen heute das Waldbild des Juras oberhalb von 600m ü. M. Nach der Auflassung des Platzes ist der Wald weniger dicht, denn in den Pollenspektren überwiegen die licht- und feuchtigkeitsliebenden Arten (Birke und Hasel). Unbewaldete Flächen sind in der Umgebung vorhanden und werden teilweise vom Menschen bewirtschaftet. Die Tätigkeit des Werkplatzes hat sicher zur festgestellten Abholzung beigetragen, kann aber nicht allein dafür verantwortlich gemacht werden.

Der Verhüttungsplatz "Les Boulies" ist ein Unternehmen von bescheidenen Ausmassen. Die Rohstoffversorgung (Erz und Kohle) erfolgte sicher ohne jeglichen Schwierigkeiten. Die Menge des produzierten Eisens überstieg, für sich allein, nicht die lokalen Bedürfnisse. Der Zusammenhang dieser Fundstelle mit dem gesamten Eisenherstellungsbezirk des Juras, dem bedeutendsten in der Schweiz, muss jedoch in Betracht gezogen werden.

Die Spuren der Eisenerzverhüttung des Frühmittelalters finden sich in mehreren Regionen der Schweiz (Waadt, Schaffhausen). Im Delsbergerbecken besteht sicher ein Bezug zur dichten Besiedlung, auf welche die zahlreichen Gräberfelder dieser Zeit hinweisen.

Übersetzung: Ludwig Eschenlohr