Das letzte noch unerforschte Teilstück der geplanten A16 Transjurane Autobahn durchquerte beim Dorf Courrendlin die Flur " Vers la Vieille Eglise ". Es wurde in 2005 und 2006 durch eine Serie von Sondierschnitten erkundet, wobei einige Strukturen und zahlreiche Funde beobachtet wurden. Die in Folge organisierte Flächengrabung brachte zwischen März und Dezember 2008 eine römische Strasse und mehrere mit gewerblichen Aktivitäten in Verbindung zu bringende Befunde ans Licht.

Ein in einer Grube angelegter Kohlenmeiler stellt den ältesten Befund dar und dürfte im 1. Jh. n. Chr. entstanden sein. Da die Herstellung der Holzkohle oft in engem Zusammenhang mit dem Metallhandwerk steht, könnte dieser Befund indirekt den Beginn der Eisenverarbeitung vor Ort schon in die ersten Jahrzehnte des römischen Kaiserreichs datieren.

In einigen Metern Entfernung wurde ein länglicher Herd aus dem 2. Jh. entdeckt. Die Identifikation als Schmiedeesse stützt sich einerseits auf vergleichbare Befunde aus anderen Ausgrabungen und andererseits auf die Anwesenheit von Hammerschlag in der Verfüllung. Die Esse wurde durch den Bau der römischen Strasse stillgelegt und gänzlich zugedeckt.

Elf Feuergruben unterschiedlicher Grösse stellen die zahlreichsten und auch ungewöhnlichsten Befunde dar, da sie anscheinend ausschliesslich zum brennen von Knochen bei relative hohen Temperaturen (550-800°C) benutzt wurden. Die Knochen wurden nach strengen Kriterien ausgelesen: es handelte sich fast ausschliesslich um Rind (95 %), und zwar um die Gliedmassen (Röhrenknochen, Hand- und Fusswurzel) und die Wirbel (aber nur die Wirbelkörper). Sie waren zuerst mit einem Beil gespalten worden, wohl um die Freisetzung der Fette zu erleichtern. Eine Verwendung als Brennstoff kann ausgeschlossen werden. Da dieser Vorgang während einer langen Zeitspanne (vom 2. bis in die zweite Hälfte des 4. Jh.) wiederholt wurde, kann man von einer gezielten Produktion gebrannter Knochen ausgehen. Zu Puder verarbeitete Knochenasche findet im Metallhandwerk Verwendung, v. a. bei der chemothermischen Behandlung von Stahl. Die Nutzung gebrannter Knochen in der Eisenverarbeitung wurde auch schon auf anderen Fundstellen vermutet, bisher fehlt aber immer noch ein endgültiger Beweis.

Auch andere Befunde können mit der Metallurgie in Verbindung gebracht werden. Eine Grube enthielt eine Anzahl beschädigter Eisengegenstände, die wohl einen Schmiedehort darstellen. Einige Schlacken stammen aus der Eisenerzreduktion. Unter den Eisengegenständen befinden sich auch einige Abfallstücke und zwei Rohlinge, eine Zwischenform, welche dem Eisen nach erfolgter Reduktion für den Verkauf gegeben wurde. Schliesslich sind die meisten Knochen von Rost überzogen, sie lagerten wahrscheinlich unter einer von der Eisenverarbeitung intensiv genutzten Oberfläche.

Noch ein ungewöhnlicher Befund wurde in der Nähe beobachtet. Es handelt sich um einen 3,3m langen birnenförmigen Ofen, der in die Uferböschung eines ehemaligen Seitenarms der Birs gegraben wurde. Offensichtlich benutzte man den natürlich gegebenen Hang, um ein Gefälle von 18 % zwischen der Ofenkuhle und der tiefer gelegenen Ofenöffnung herzustellen. Die Anlage wurde anscheinend benutzt, um organische Materialien auf Temperaturen von unter 700°C zu erhitzen.

Mit Hilfe der Naturwissenschaften konnte auch die Entwicklung der Umwelt ergründet werden. Um 7000 v. Chr., also lange bevor die ersten Bauern das Delsberger Tal besiedelten, ist die nächste Umgebung der Birs sehr feucht. Die Schwemmebene ist durch einen offenen Bewuchs mit nur vereinzelten Laubbäumen gekennzeichnet, unter welchen Büsche und hochstängelige Stauden gediehen. Die Fundstelle liegt in einem alten Mäander der Birs, der aber nur bis in die Halstattzeit aktiv war, als der Einfluss des Menschen auf die Umwelt noch relativ begrenzt war. Der umliegende Bewuchs ist immer noch offen und dürfte vor allem aus z. T. feuchten Wiesen, aber auch einigen Feldern bestanden haben. Der Wald liegt in grösserer Entfernung. In der Latènezeit wird weitflächig feiner Schwemmlehm abgelagert. Die Felder und Wiesen scheinen sich noch weiter ausgebreitet zu haben, aber grössere Wälder bleiben bestehen. In der Römerzeit wird der alte Mäander nur bei grossen Umwettern überschwemmt, ist aber öfters feucht. Dieses Umfeld war sicher nicht für eine Siedlung geeignet, stellte aber beim Strassenbau kein wesentliches Hindernis dar. Die Umgebung war stark von der Landwirtschaft geprägt. Die weitere Entwicklung der Umgebung wird durch das im Hochmittelalter einsetzende Einschneiden der Birs und die weiterhin intensiv betriebene Landwirtschaft bestimmt.

Übersetzung: Robert Fellner