Die prägnante Colline de Paplemont liegt am Fuss des Mont Terri am südlichen Rand der Burgunderpforte in der Ebene von Alle, einen Kilometer westlich von Cornol und gut zwei Kilometer östlich von Courgenay. Es handelt sich hierbei – zusammen mit dem westlich vor der Colline vorgelagerten Geländesporn mit der Kapelle St. Gilles – um eine von den Hügelkuppen des Juras abgerutschte Sackung (« Sackung von Courtemautruy »), welche die Ebene von Alle um gut 50 m überragt.

Die Fundstelle wurde nach ihrer Entdeckung durch ehrenamt-liche Mitarbeiter der OCC/SAP im Jahr 2013 und 2014 während der Jahre 2015-2017 und 2019 von der Vindonissa-Professur der Universität Basel archäologisch untersucht. Die Funde und (grösstenteils fehlenden) Befunde auf der östlichen Kuppe des Paplemont (« Cras de Paplemont ») sprechen dafür, dass sich hier ein spätlatènezeitliche bis spätrömischer locus numinosus befand. Im Um- und Vorfeld der Kapelle St. Gilles auf dem Geländesporn konnten neben zahlreichen frühmittel-alterlichen bis frühneuzeitlichen Bestattungen u. a. auch die Fundamentmauern der während des Dreissigjährigen Kriegs zerstörten hochmittelalterlichen Kirche St. Julien sowie weitere Mauerreste von zwei frühmittelalterlichen Vorgängerbauten freigelegt werden. Rund 40 m östlich der Kapelle kamen zudem die Mauerreste eines hochmittelalterlichen Steinbaus zum Vorschein.

Die bis dahin in der Forschung unbeachtete « Cras de Paplemont » wurde im Jahr 2013 durch Prospektionen des ehrenamtlichen Mitarbeiters Christophe Julmy entdeckt. Er konnte im selben und darauffolgenden Jahr 45 spätlatènezeitliche und römische Münzen bergen, wobei er sich jeweils auf die Bergung der Buntmetallfunde beschränkte. Die Prospektionen und Gra-bungen der Vindonissa-Professur in den Jahren 2015 bis 2017 konnten das Fundspektrum um 24 Münzen, 16 Eisen – und zwei Bronzefibeln, zahlreiche Bau – und Schuhnägel sowie etwas Keramik ergänzen. Trotz intensiver Suche und systematischem Vorgehen während der Grabungen konnten jedoch abgesehen von sechs (Pfosten-?) Gruben keine nennenswerten Befunde ausgemacht werden, so dass davon ausgegangen werden muss, dass auf der Colline keine grösseren baulichen Strukturen standen. Die Interpretation der Fundstelle muss sich also fast ausschliesslich auf das Fundmatieral selbst stützen, das unabhänging seiner Zeitstellung aufgrund natürlicher Erosions-und Umwälzungsprozesse in einem nur wenige Zentimeter mächtigen Reduktionshorizont vorgefunden wurde.

Aufgrund der weiten zeitlichen Streuung des Fundmaterials muss von einer nicht immer gleich intensiven, jedoch nichtsdestotrotz praktisch kontinuierlichen Begehung des Paplemonts seit dem Neolithikum ausgegangen werden. Die zahlreichen spätlatènezeitlichen und spätrömischen Funde belegen die jeweils intensivsten Aktivitätsphasen in diesen Zeiträumen, wobei die Zusammensetzung des Fundnieder-schlags – namentlich das Münzspektrum, die Fibeln, aber auch die (spärlichen) Tierknochenreste, das Koch – und Auftragsgeschirr und nicht zuletzt auch zwei verbrannte mittel – bis spätlatènezeitliche menschliche Zähne – in Kombination mit der topografischen Lage eine Deutung des Ortes als locus numinosus sehr wahrscheinlich machen.

Nach Ausweis der Münzen und weiteren datierenden Funden ist von einer kontinuierlichen Begehung des Paplemonts zwischen dem 1. Jh. v. Chr. bis in die Mitte des 4. Jh. n. Chr. auszugehen, mit jeweils intensivstem Fundniederschlag während der Stufe LT D2 und der zweiten Hälfte des 3. Jh. n. Chr. bis in die erste Hälfte des 4. Jh. n. Chr., zeitgleich mit der jeweiligen der « site fortifiée » auf dem Mont Terri. Das Fehlen von baulichen Strukturen spricht dafür, dass es sich allenfalls um einen « heiligen Hain » gehandelt hat, wobei die Pfostengruben sowie die Baunägel als Hinweise auf vereinzelte Holzkonstruktionen gewertet werden müssen. Die genannten Befunde lassen sich jedoch zeitlich nicht eingrenzen, so dass ein spätlatènzeitlicher bis spätrömischer Kontext nicht zweifelsfrei belegt werden kann.

Über die Art der ausgeübten Kulthandlungen lassen sich nur summarische Aussagen treffen : Der Grubeninhalt von Gr1, hauptsächlich Koch- und Auftragsgeschirr, vergesellschaftet mit etwas Holzkohle sowie verbrannten und kalzinierten  Tierknochen, kann als Rückstand von Tieropfern und Kult-mahlzeiten gewertet werden, während die Fundkartierungen, v. a. der Münzen und Fibeln, eine gewisse räumliche Struk-turierung des Ortes nahelegen, ohne diese aber jedoch präzisieren zu können. Die Fundlage der spätrömischen Münzen legt immerhin nahe, dass ein nicht erhaltener oder erkannter Opferstock vorhanden gewesen sein könnte.

Des Weiteren geben frührömische Schuhnägel, vereinzelte Militaria und auch eine Fibel des Typs Alesia Grund zur Annahme einer augusteischer Miliärpräsenz. Die Fundmenge lässt an ein gelegentliches Aufsuchen der Kuppe durch Soldaten denken, eine längerdauernde Stationierung von grösseren Verbänden direkt vor Ort scheint auch wegen der beengten Platzverhältnisse nicht plausibel.

Denkbar wäre etwa eine Beteiligung der römischen Soldaten an der Kultausübung, nicht auszuschliessen ist aber auch ein temporärer Vorposten des Mont Terri respektive Strassenposten der wichtigen römischen Verbindung über den Jurapass Col des Rangiers. Eine spätrömische Militärpräsenz wäre im Hinblick auf die wiederbelegte « site fortifiée » auf dem Mont Terri durchaus plausibel, kann aber zumindest auf dem Paplemont nicht nachgewiesen werden.

Für die Nachantike lässt sich aufgrund der vereinzelten Funde lediglich eine sporadische Begehung im (Früh-) Mittelalter nachweisen ; erst im 17. und vor allem 18. Jh. fallen wieder grössere Fundmengen an, die am ehesten im Zusammenhang mit land- respektive forstwirtschaftlichen Aktivitäten zu sehen sind.

Das vorliegende Beispiel zeigt exemplarisch das Potential auf, das in der Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Mit-arbeitenden liegen kann : Ohne ihr Engagement wäre diese isolierte Fundstelle vermutlich nicht entdeckt worden. Generell ist der in den letzten Jahren zu beobachtende Zuwachs an erkannten Fundstellen777 wahrscheinlich grossmehrheitlich auf  den systematischen Einsatz ehrenamtlicher Mitarbeitenden zurückzuführen, wie bereits eine nur oberflächliche Durchsicht verschiedener Fundberichte nahelegt. Dies ermöglicht die Erschliessung völlig neuer Fundlandschaften, die aufgrund ihrer Abgeschiedenheit kaum je in diesem Umfang bekannt geworden wären. Nicht zuletzt können so auch allfällige Massnahmen zum Schutz des archäologischen Erbes getroffen werden, das ansonsten von unbewusster Zerstörung durch Land- und Forstwirtschaft, aber auch vor Plünderungen durch illegale Sondengänger und Sondengängerinnen bedroht wird.

Der mittelalterliche Halbkeller

Gut 40 m östlich der Kapelle St. Gilles wurde bei geophy-sikalischen Prospektionen im Jahr 2016 ein Mauergeviert entdeckt, welches sich in den anschliessenden Grabungen als ein leicht trapezoider, in den Hang eingetiefter Halbkeller mit rund 6 x 4.1-4.5 m Mauerlängen und zwischen 0.5 und 1 m dicken Mauern entpuppte. Aufgrund der erhaltenen Mauerhöhen im Süden und Westen muss der Halbkeller ursprünglich ca. 2 m hoch gewesen sein ; Hinweise auf eine Dach- oder Deckenkonstruktion fanden sich keine. Ob sich über dem Halbkeller also noch ein weiteres Stockwerk befand, ist nicht mehr zu eruieren.

Die Süd- und Westmauer sind bis zur erhaltenen Mauerkrone einschalig gemauert und gegen den anstehenden Untergrund errichtet worden, die Nord- und Ostmauer müssen aufgrund der topografischen Verhältnisse des Hangs ab einer Höhe von ca. 1 m frei aufgemauert worden sein. Der Halbkeller ist über eine Türe im Nordosten zugänglich. Der Eingangsbereich ist auffallend sorgfältig gemauert und besteht aus präzis zurechtgerichteten Kalkbruchsteinquadern, während die rest-lichen Mauern aus ungleichmässig lagenhaft geschichteten, nur sehr grob zugehauenen Kalkbruchsteinen gemauert wurden. Mit Ausnahme des Eingangsbereichs waren alle Mauern mit einem Wandverputz mit teilweise sehr unregelmässigem horizontalem Fugenstrich versehen. Aufgrund dieses auf-fälligen Qualitätsunterschieds der Mauern wurde vermutet, es könne sich beim Eingang um eine sekundär vorgenommene bauliche Veränderung handeln. Aufgrund einer geplanten in-situ-Konservierung des Halbkellers wurden die Mauern soweit wie möglich erhalten und der bauliche Kontext, der sich nur bei einem Abtragen des Mauerwerks geklärt hätte, konnte nicht ermittelt werden.

Von der ursprünglichen Raumausstattung respektive der Raumausgestaltung haben sich lediglich eine rechteckige, 1.5 x 1.4 m grosse und 0.8 m tiefe Grube vor der Südmauer und das negativ einer wandständigen, ebenerdigen Feuerstelle mittig vor der Westmauer erhalten. Die Grube, welche am ehesten als Vorratsgrube anzusprechen ist, wurde vor der endgültigen Aufgabe mindestens einmal verkleinert (neu 1.3 x 1.1 m und  0.4 m tief). Als Gehhorizont diente offenbar der anstehende Boden, auf dem sich in der Folge eine dünne Schmutzschicht abgelagert hat. Während der Grabungen war man vor allem aufgrund der Steinbauweise, des Kalkmörtels sowie des Wandverputzes mit Fugenstrich zunächst der Überzeugung, es müsse sich um einen römischen Halbkeller handeln, der anschliessend während des Hochmittelalters verfüllt worden sei. Wie sich aufgrund der Radiokarbondatierung von vier Holzkohleproben – zwei davon aus der Grubenverfüllung – herausstellte, kann jedoch heute zweifelsfrei von einer mittelalterlichen Zeitstellung des Halbkellers ausgegangen werden. Eine an die Westmauer des Kellers anstossende radiokarbondatierte Bestattung legt nahe, dass der Halbkeller zwischen dem ausgehenden 7. und dem ausgehenden 9. Jh. errichtet worden sein dürfte. Insgesamt konnten drei Nutzungsphasen ausgemacht werden : Die älteste Phase kann nur indirekt über die frühmittelalterliche Bestattung gefasst werden, für diese Phase kann jedoch kein Fundmaterial nam-haft gemacht werden.

Abgesehen vom Gebäude selbst können ihr mit Ausnahme einer langlebigen Vorratsgrube keine Befunde zweifelsfrei zugeordnet werden. In der zweiten Nutzungsphase können nebst der inzwischen verkleinerten Vorratsgrube auch eine Feuerstelle gefasst werden ; die dritte und letzte Nutzungsphase umfasst die Aufgabe der Feuerstelle, das sorgfältige Verfüllen und Verschliessen der Vorratsgrube sowie das Einbringen einer Steinpackung in die Südhälfte des Halbkellers. Der zeitliche Rahmen der Nutzungsphasen kann nur grob gesetzt werden : Die älteste Phase kann anhand der Radiokarbondatierung in die Zeit zwischen dem ausgehenden 7. und ausgehenden 9. Jh. datiert werden, während die beiden jüngeren Phasen in das 11. bis spätestens in die Mitte des 12. Jh. gelegt werden können. Um die Mitte des 12. Jh. muss das Gebäude nach Ausweis des Befundes einige Zeit leer gestanden haben, woraufhin es allmählich zu einer Ruine verfiel, bevor es spätestens im ausgehenden 12. Jh. endgültig aufgegeben und verfüllt wurde. Während des Spätmittelalters oder der Frühen Neuzeit wurde eine weitere Schicht eingebracht, welche die damals wohl im Perimeter des Halbkellers entstandene Senke verfüllte und die bereits nicht mehr sichtbaren letzten Reste des Halbkellers endgültig versiegelten.

Hochmittelalterliche Steinbauten werden in der Forschung jeweils mit weltlichen und/oder kirchlichen Eliten und deren Machausübung in Verbindung gebracht. Im vorliegenden Fall könnte es sich um eine kirchliche Zehntscheuer gehandelt haben. Zu den Hintergründen der Auflassung lassen sich vorerst nur Hypothesen aufstellen. Vorgeschlagen wurde etwa ein Wandel in den Siedlungs- und Sozialstrukturen, wie er  z. B. in Südwestdeutschland beobachtet werden kann.