Der Fundplatz Alle, Noir Bois, liegt in der Ajoie (Kanton Jura), einige Kilometer nördlich der Juragebirgskette. Er wurde 1990 bei archäologischen Vorsondierungen im Zusammenhang mit dem Autobahnbau A16, sowie der Verlegung einer Eisenbahnlinie (SBB) entdeckt. Die Archäologische Abteilung des Kulturamtes des Kantons Jura führte die Ausgrabungen durch. Sie fanden ohne Unterbruch zwischen Frühling 1991 und Sommer 1993 statt.

Die an einem Stück untersuchte Fläche beträgt 24'600 m2, wovon 8000 m2 glockenbecherzeitliche Funde und Befunde aufweisen. Es wurden ebenso Zeugen der Zeitstufen Mousterien, Magdalenien, Latène, Provinzialrömisch und Frühmittelalter entdeckt. Folgende Monographien werden diese Untersuchungen vorstellen.

Der glockenbecherzeitliche Fundplatz wird als Siedlung interpretiert. Die Hauptresultate der interdisziplinär geführten Studien betreffen die Funde. Die Befunde dieser endneolithischen Phase sind im Allgemeinen umgelagert worden. Trotz der gefundenen eingetieften Strukturen war die Wiedergabe von Gebäudegrundrissen nicht möglich. Mit Ausnahme der Sedimentologie sind die Möglichkeiten einer Rekonstruktion des natürlichen Umfeldes wegen des Säuregehaltes der Sedimente sehr beschränkt.

In einer begrenzten Fläche (A) finden sich dennoch zwei benachbarte Abfallanhäufungen, welche im wesentlichen aus grossen Mengen von Keramik und Steinindustrie bestehen. An dieser Stelle ist die glockenbecherzeitliche Schicht stratifiziert und weist pedologische Spuren auf. Sie ist Bestandteil einer Abfolge von braunen holozänzeitlichen Silten, welche durch Hangschwemmung abgelagert wurden. Die topographische Lage des archäologischen Horizontes in einer Vertiefung führt zu diesen günstigen Erhaltungsbedingungen. Die Schicht wurde dadurch vor natürlicher Erosion und Umlagerungen durch jüngere Besiedlungsphasen bewahrt. Der Nachweis von Mahlgeräten, Silexwerkzeugen mit Getreideschnittglanz, sowie Ochsenknochen erlaubt von einer bäuerlichen Ausrichtung der Siedlung auszugehen.

Ein bedeutendes Gefässensemble konnte rekonstruiert werden. Man findet kammstrichverzierte Gefässe, aber zum grössten Teil handelt es sich um Varianten von gewöhnlichen Formen, unter welchen s-förmigen Profile mit flachen Böden dominieren. Die Typologie der Steinindustriewerkzeuge zeigt ebenfalls eine grosse Vielfalt. Es überwiegen vor allem ausgesplitterte Stücke, Pfeilspitzen, Kratzer und bifacial fein gezähnte Stücke. Die zwei letzten Typen weisen zum Teil Gebrauchsspuren auf.

Zur Herstellung der Keramik- und Steingegenstände dienten vor allem lokale Rohstoffquellen. Einige auswärtige Silexvarianten wurden importiert und verarbeitet. Ein kleiner Teil der Gefässe, hauptsächlich verzierte, kommen ebenfalls von anderswo her. Die Herkunft der Gesteinsmaterialien und der fremden Gefässe lässt sich immer dem kleinregionalen Raum zuweisen, vor allem nördlich und östlich von Alle.

Die technologische Untersuchung der Gefässe zeigt eine einheitliche Herstellungsweise, sowohl der Gebrauchskeramik wie auch der verzierten. Diese Homogenität schliesst auch die auswärtigen Gefässe mit ein, unter Berücksichtigung einiger Nuancen was die Magerung betrifft. Die Führung der Silexindustriearbeitskette ist opportunistisch, aber der Rohstoff wird gut beherrscht: die Standardisierung des Werkzeugträgers ist deshalb nicht von Bedeutung.

Die chronologische und kulturelle Zuweisung der Befunde und Funde erfolgte aufgrund des Keramikinventars und zweier übereinstimmender CI4-Daten. Der Fundplatz. Noir Bois liegt absolut datiert zwischen 2430 und 2140 cal.-BC. Diese Phase ist in der Schweiz und in Frankreich gleichzeitig mit Siedlungen, welche wie in Alle eine Verbindung von verzierter und Gebrauchskeramik, begleitet durch eine Steinindustrie, aufweisen. Die Keramik von Alle entspricht einer Spätphase der Glockenbecherkultur, welche sich durch die Regionalisierung der Verzierungsthemen kennzeichnet. Eine gute Übereinstimmung mit bestehenden Entwicklungsmodelen kommt so zustande. Die verzierte Keramik lässt sich im besonderen gut in eine bekannte benachbarte Regionalgruppe eingliedern. Letztere umfasst den französischen "Haut-Rhin" und den deutschen südlichen Oberrhein. In dieser Gruppe sind, wie in Alle, typologische Ähnlichkeiten mit der osteuropäischen Glockenbecherkultur nachweisbar. Die Parallelen bezüglich der häuslichen Keramik überschreiten bei weitem den Rahmen der Regionalgruppe, in Übereinstimmung mit früher gemachten Feststellungen.

Die in Alle nachgewiesenen Gefässformen zeugen von ihrer formellen Unabhängigkeit bezüglich der geographisch und chronologisch nächstgelegen neolithischen Produktionen. Dieselbe Feststellung wurde bereits in mehreren Regionen Frankreichs gemacht. Dies stellt ein klares Indiz zugunsten der Interpretation dar, welche die Glockenbecher der zweiten Hälfte des dritten Jahrtausends als eine eigenständige archäologische Kultur betrachtet.

Übersetzung: Ludwig Eschenlohr